Digitale Bildungs- und Freizeitangebote im Haftalltag können zur Resozialisierung beitragen. Aber wie müssen die sicherheitstechnischen Rahmenbedingungen aussehen, damit Insassen von Haftanstalten digitale Medien nutzen können und Missbrauch ausgeschlossen ist? Ein aktuelles Forschungsprojekt von Fraunhofer FOKUS, dem Institut für Bildung in der Informationsgesellschaft (IBI) sowie dem ITDZ Berlin untersucht diese Fragen im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung am Beispiel der Justizvollzugsanstalt Heidering.

 

Ob zur Weiterbildung, Freizeitgestaltung oder für eine Bewerbung in der Zeit nach der Haft – der Zugang zu digitalen Medien ist für Gefängnisinsassen heute nur sehr eingeschränkt in speziellen Computerräumen möglich. Mit der tatsächlichen Lebenswirklichkeit und der rasant voranschreitenden Digitalisierung aller Lebensbereiche hat das wenig zu tun. Damit genau diese digitale Kluft nicht zu einem zusätzlichen Hemmschuh für die Resozialisierung gerät, wird aktuell untersucht, wie sich der Zugang zu ausgewählten digitalen Inhalten über mobile Endgeräte unkompliziert und sicher in den Haftalltag einbinden lässt.

Neben pädagogischen und organisatorischen Aspekten sind es vor allem Sicherheitsfragen, die die Forscher vom Fraunhofer-Institut FOKUS, dem IBI und dem Berliner IT-Dienstleistungszentrum beschäftigen. Einerseits muss Missbrauch verhindert werden, andererseits lassen hohe Sicherheitsauflagen in Justizvollzugsanstalten wenig Spielraum für bauliche Veränderungen. Zudem muss sichergestellt sein, dass die Geräte nur zu den eigens definierten Zwecken, etwa dem Zugriff auf eine Offline-Enzyklopädie, für Schulungsangebote, dem Stellen von internen Anträgen oder zum eingeschränktem Mailverkehr genutzt werden und kein freier Zugang zum Internet möglich ist.

Um den administrativen Aufwand für die Beschäftigten und die Kosten gering zu halten, setzen die Forscher, wo es möglich ist, auf erprobte Standardprodukte. Dies ist auch in Bezug auf die Einbindung in die Gesamtinfrastruktur sinnvoll. Neben der Möglichkeit zur Online-Buchung eines Sportkurses muss schon heute perspektivisch die Digitalisierung weiterer (Verwaltungs-)Prozesse im Strafvollzug mitgedacht werden, um nicht mittelfristig neue Medienbrüche zu erzeugen. Nicht zuletzt spielt eine Einbindung aller Beteiligten eine wichtige Rolle, damit die Innovationen auch Akzeptanz finden, sowohl bei den Gefangenen als auch den Bediensteten.

Eine erste Pilotierung und Feldforschung mit ausgewählten Gefangenen ist für den Winter 2017/2018 geplant, sobald letzte Sicherheitstests abgeschlossen sind. Sie soll zeigen, inwiefern die neuen Angebote sich als alltagstauglich erweisen und sich als Architekturblaupause eignen, die auch auf andere Haftanstalten in Berlin oder deutschlandweit übertragbar ist.

 

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